19. November 2008

Der Besuch beim roten Drachen

China – das Land der unbegrenzten Möglichkeiten – zumindest, wenn man als Tourist in Shanghai oder Wuzhen ist. Es ist überhaupt nicht mit Südkorea vergleichbar und das war wahrscheinlich der Grund, warum der Urlaub dort ein großartiges Abenteuer war. Aber gehen wir erstmal einen Schritt zurück und fangen mit dem Mittwoch (12.11.2008) an.
Auf ging es mit Lukas, Martin, Christian (A) und Dennis (NL) zum Flughafen Seoul/Incheon. Wir waren gut in der Zeit, sodass wir uns für ein Frühstück bei Lotteria bzw. Burger King entschieden haben. Gemütlich ging es dann zum Securitycheck. Doch da wartete für Lukas und Christian auch schon das erste Problem. Sie hatten nur ein Single Entry Visa und mussten deshalb erstmal mit den Sicherheitsbeamten in ein Büro, um eine Wiedereinreise zu beantragen. Wir haben uns in der Zwischenzeit auf den Weg zum Gate gemacht. Dieses lag aber etwas außerhalb, sodass wir den Flughafen eigenen Shuttlezug nehmen mussten. Die Zeit wurde nun langsam knapp. Nach weiteren 10min laufen, sind wir dann pünktlich zum last call am Gate angekommen. Christian und Lukas sind kurze Zeit später ebenfalls am Gate und um 20€ ärmer eingetroffen. Im Nachhinein war das Timing perfekt, da wir so nicht mehr warten mussten, sondern gleich in den zu 50% gefüllten Flieger einsteigen konnten. Der Flug war unspektakulär und zu essen gab es Reis mit Shrimps. Begrüßt wurden wir in China mit einem gelb, dreckigen Meer (natürlich durch den Schlamm in den Flüssen verursacht, deswegen auch der Name gelbes Meer ;-) und vielen Reisplantagen. Von Hochhäusern war noch nichts zu sehen. Aber auch kein Wunder, denn der Flughafen liegt etwa 30km außerhalb von Shanghai. In die Stadt kann man über verschiedene Wege kommen, wir haben uns für die schnellste, im wahrsten Sinne des Wortes schnellste Verbindung entschieden. Mit 430 km/h und deutscher Technik unter dem Hintern ging es mit dem Transrapid an den Stadtkernrand von Shanghai. Das ist schon ein hammer Gefühl, wenn man an den Autos vorbeirast und der entgegenkommende Zug nur einen kurzen Knall verursacht. Ein Lächeln gab es gratis zur Zugfahrt dazu. Danach ging es auf den unkonventionellen Weg mit der U-Bahn zum Ziel, Hailun Road. Beim Aufstieg aus dem U-Bahnschacht wurde einem aber rechtschnell klar, dass wir nicht mehr in Seoul sind. Alte zerfallene Häuser, wo die Wäsche zum Trockenen aus dem Fenster gehangen wird, Menschen mit verrosteten Fahrrädern und endlos vielen Elektrorollern, die mehr oder weniger stark bepackt waren. Manche Radfahrer haben es wohl geschafft die Physik der Schwerkraft außer Gefecht zu setzen. Anders kann man manch langsame Fortbewegung auf zwei Rädern nicht erklären. Die Unterschiede zwischen arm und reich ist etwa mit Schwarz und Weiß vergleichbar. In Südkorea ist es eher Grau und Weiß. Chrissi (Österreicherin und gute Freundin vom Lukas) holte uns dann schließlich ab, um uns ihre Wohnung und unser Motel zu zeigen. Auf den 800m zur Unterkunft hätte ich mich komplett neu einkleiden, mit Essen und Medikament versorgen und ein Haus bauen können. An jeder Ecke, an jedem freien Platz und sogar auf der Straße versuchen die Menschen irgendetwas zu verkaufen. Auch wenn sie vielleicht nur zwei Produkte anzubieten haben, setzen sie sich den ganzen Tag an den Rand mit der Hoffnung, dass es jemand kauft. Da waren sie bei uns aber an der falschen Adresse… Nach einem 20min check-in im Motel, nein man musste nicht soviel ausfüllen und nein es war auch nicht soviel los an der Rezeption, das Problem lag an der mangelnden Motivation und Denkweise der chinesischen Rezeptionisten. Angestellt beim Kommunismus kümmerten sie sich nicht unbedingt um Kundenzufriedenheit. Da wir mehr etwas von ihnen wollten als sie von uns sind wir hartnäckig geblieben und haben schließlich ein 2-Mann und ein 3-Mann-Zimmer bekommen. Martin, Dennis und Ich in einem Zimmer. Eigentlich kein Problem, nur gab es ein Einzelbett und ein Doppelbett mit einer Decke. Ich habe mir die 3,5m² mit Dennis geteilt und da ich wusste, dass wir die Decke auf keinen Fall in der Nacht freiwillig teilen werden, habe ich mich sehr warm für die Nacht angezogen. Bevor es aber schlafen ging, waren wir beim Schneider. Ein Schneider ist aber gewaltig untertrieben. Es war vielmehr ein großer Markt, wo viele Schneider versuchen Ihre Produkte zu verkaufen. Ich habe mir 2 Anzüge, 2 Hemden und 1 Mantel für 150€ schneidern lassen. Die Entscheidung war aber gar nicht so einfach, da es eine große Auswahl an Stoffen und Schnittmustern gab. Die Kreativität liegt aber nicht beim Schneider, sondern bei den Modemachern der Welt. Denn man zeigt einfach in einem Katalog auf einen Bossanzug und bekommt diesen dann geschneidert. Zumindest so ähnlich, aber dazu später mehr. Nach diesem Shoppingmarathon ging es in die Lounge 18 am Bund (Teil von Shanghai). Dort gab es für 20€ Eintritt ein Buffet (mh lecker Käse, Wurst, Nudeln…) und Getränke wie Champagner ohne Limit. So standen wir mit dem Glas Mum in der Hand vor dem Fenster mit dem Blick auf die einzigartige Skyline von Shanghai-Pudong. Für chinesische Verhältnisse war der Eintritt aber echt teuer, sodass fast nur westliche Personen zu Gange waren (es leben allein in Shanghai über 30.000 Deutsche). Danach ging es für einen Drink auf das Dach, um die Skyline auch ohne Glas vor den Augen genießen zu können.
Am nächsten Morgen sind Dennis und ich zu Fuß auf Erkundungstour gegangen. Bis wir schließlich wieder am Bund waren und nun die Skyline am Tage genießen konnten. Eigentlich konnten es nur die Augen genießen, denn unsere Ohren wurden durch Bettler und Straßenverkäufer, die natürlich immer nur die besten Uhren und SexMassagen verkaufen, gequält. Man kann sich dann fast nicht mehr bewegen, weil man von sovielen Typen belästigt wird. Das Land der Fakes, zum Glück ist das in Seoul nicht so penetrant. An der Promenade sind wir mit drei Chinesinnen ins Gespräch gekommen. Sie kamen aus dem Norden, um in Shanghai Urlaub zu machen. Da wir noch nicht gefrühstückt hatten, haben wir uns entschlossen in ein Teehaus zu gehen. Dort haben wir dann verschiedenen Teesorten probiert und jegliche Rituale des Teetrinkens kennengelernt. Das war aber auch nur mit der Übersetzung durch die drei Chinesinnen möglich. Am Nachmittag haben wir uns mit den anderen getroffen und wir sind dann zusammen zum Qi Zhong Stadium gefahren, um uns die Tennis Masters Cup anzusehen. Das war auch der ausschlaggebende Punkt warum wir überhaupt nach Shanghai fahren wollten. Zusammen mit Lukas habe ich überlegt, wo man noch Tennis in Asien sehen kann und da durch Zufall die Tennis Masters Cup in Shanghai anstanden, wo die 8 besten Spieler der Welt antreten, haben wir uns entschieden dort hinzufahren. Das Stadium ist großartig. Es ist hauptsächlich fürs Tennis ausgelegt, fasst über 15.000 Zuschauer und man kann das Dach drehend wegfahren. Karten gab es genügend auf dem Schwarzmarkt. Aber ob man mit denen auch in das Stadium kommt mag ich zu bezweifeln, da jede Karte mit einem RFID-Chip versehen ist und am Eingang geprüft wird. Mit einer einwandfreien Sicht haben wir das Doppel: (8)Cuevas/Horna d (3)Bhupathi/Knowles und die Einzel (6)J Tsonga (FRA) d (2)N Djokovic (SRB) und (4)N Davydenko (RUS) d (7)J Del Potro (ARG) gesehen. Die Atmosphäre beim Spiel um Djokovic war der Hammer. Zwischen den Spielen haben Lukas und Ich noch etwas das Stadium erkundet und so sind wir dann auch in den Moderatorenkabinen vom SFR und in der Kabine vom Hawk Eye gewesen. Letztere haben einen entspannten Job. Sie touren das ganze Jahr mit den Tennisturnieren und sind für die fehlerfreie Funktion des Hawk Eye zuständig. Nach dem Spiel ging es zusammen mit zwei weiteren Deutschen und einem Schweizer sowie den Leuten aus Seoul in einen Club, wo man für 12€ soviel trinken konnte wie man wollte.
Freitag (14.11.2008) nach einem Frühstück in der Pizzeria wollten wir uns auf den Weg nach Wuzhen einem alten Dorf 140km von Shanghai entfernt machen. Doch der erste Taxifahrer wollte über 1800 Yuan für die Fahrt haben. Auf der Homepage wurden 400 angegeben und ein Taxifahrer, den ich einen Tag zuvor gefragt hatte, wollte 600 Yuan haben. Nach einer langen Diskussion mit dem Taxifahrer, Dennis, Martin, einem Polizisten, einer Bäckereiangestellten haben wir uns mit dem Taxifahrer auf 800 Yuan (100€) geeinigt. So ging es dann für 2 Stunden über die Autobahnen und unbeschreiblichen Smog. Manchmal dachte ich echt, dass die Plastikteile im Motorraum schmälzen, so wie das gestunken hat. Doch als wir plötzlich von der Autobahn runter waren, meinte der Fahrer: Sie haben ihr Ziel erreicht. Uns war aber klar, dass wir es auf keinen Fall erreicht haben. Es war überhaupt kein altes Dorf zu sehen. Nach einer Weile kam glücklicherweise ein anderer Taxifahrer hinzu, der sich dann bereit erklärt hat uns ans Ziel zubringen. Die 800Yuan haben sich die Männer geteilt und wir kamen kurze Zeit später auch an unser Ziel an. „Schnell“ (nicht wirklich, da englisch mal wieder nicht wirklich angesagt war) am Eingang einchecken und nach einem Tor waren wir auch schon im traditionellen Dorf, wo es viele Wasserwege mit alten Holzbooten gibt, kleine Gassen und alte Häuser. Fast kein Lärm und keine Autos. Um zu unserem Hotel zu gelangen, wurden wir mit einem Fährboot und einem Ruderer auf die andere Seite des Flusses gesetzt. Wir haben die Zeit mit dem Schießen vieler Fotos genossen und sind sogar um 5 Uhr nächsten Tages aufgestanden, um den Sonnenaufgang zu sehen. Um 14 Uhr ging es aber wieder auf den Weg nach Shanghai. Diesmal wollten wir den Zug nehmen, denn dieser ist günstiger und wir wollten mal etwas anderes sehen. An der Rezeption haben wir einen Zettel mit chinesischen Zeichen bekommen, um uns erst mit der Rikscha zum Busbahnhof und dann mit dem Taxi nach Jiaxing durchzuschlagen, wo der Zug auch schon auf uns warten sollte. Doch es war wie immer alles anders. Draußen warteten nur ein kleines Taxi und ein Kerl, der uns wie immer mit dem 3fachen Preis abzocken wollte. Doch wir haben solange verharrt bis wir einen vernünftigen Preis bekommen haben. So ging es über kleine Straßen und Felder nach Jiaxing. Was für ein Erlebnis – endlich das wahre China zusehen. In der Stadt angekommen, konnte man aber gar nicht mehr recht sehen und atmen, obwohl wir weder unsportlich noch betrunken waren. Es lag einfach an den umliegenden Industriegebieten und dem üblen Smog. Unser westliches Fernsehen lügt mit den Bildern über China doch nicht immer. Gleich nach der Ankunft an der Station hat uns ein Chinese geholfen Tickets zu kaufen, dann noch 10min warten und die Überraschung war perfekt. Es war kein Zug, sondern ein Busbahnhof. Gut das zufällig auch ein Bus nach Shanghai gefahren ist. Also ging mit es dem Bus zurück. Bei der Taxifahrt in Shanghai zum Schneider wurde der Herzmuskel vor Unruhe kräftig gefordert. Der Taxifahrer ist auf dem Highway immer kurz eingenickt. Gott sei dank waren wir fast am Ziel, sodass wir den Fahrer an der roten Ampel kurz geweckt haben und dann ausgestiegen sind. Dann ging es schnell die Sachen beim Schneider abholen (Qualität ok, Schnitt ok, darf aber für die Hose nicht mehr dicker werden, Hemden super und Mantel noch nicht fertig). Abend waren wir beim Japaner. Wer hätte gedacht, dass man China Chinesisch isst?!? Wir hatten einen Tisch mit 15 Leuten und einen Koch in der Mitte. Man konnte für 15€ soviel Essen und trinken wie man wollte. Er hat für uns von Sushi, über Rind, Fisch, Shrimps bis hinzu Jakobsmuscheln alles zubereitet. Es war so lecker und gut gewürzt. Besser als das Koreanisch, wo es meist nur scharf aber nicht gesalzen ist. Schon war der Samstag auch vorbei und wir haben fast noch nichts von Shanghai gesehen.
Deshalb ging es am Sonntag (16.11.2008) auf Sightseeing-Tour. Leider ohne Christian, da dieser im Gefecht mit seinem Magen stand und das Schlachtfeld nicht verlassen wollte. So sind wir dann in die Innenstadt zum People's Square gefahren, um uns dort umzusehen und Shanghainesisch zu essen. Ich habe für eine Art Peking Ente entschieden, die anders als in Deutschland aber trotzdem lecker war. Am Nachmittag haben wir uns in Pudong, dem Viertel mit den Hochhäusern wiedergefunden. Leider war die Sicht sehr schlecht, aber Lukas und Martin wollten trotzdem auf die höchste Besucherebene in einem Hochhaus fahren. Diese befindet sich auf 492m im Flaschenöffner. Das Haus sieht zumindest so aus und beherbergt das Finanzzentrum von Shanghai. Wir haben uns mit Dennis erstmal alle Gebäude von unten angesehen und sind letztendlich auf das zweithöchste Gebäude gefahren, den Jin-Mao. (warum nicht auf das höchste? Weil man dort nur die Hälfte zahlen und keine 1,5 Stunden anstehen musste) Von der 50 bis zur 87 befindet sich dort das Hyatt Hotel. Die Zimmer mit dem krassen Ausblick, leider nicht für uns, da die Luft aus Nebel und Smog bestand. Am Abend waren die Touristen aus Seoul mit der Chrissi abschließend chinesisch essen und uns für die tolle Stadtführertätigkeit von Chrissi bedanken. Das Essen war wieder lecker und der Inhaber konnte uns zu den Gerichten auch einiges auf Englisch erzählen. Der Abend wurde immer länger und so haben Martin, Marie Lou und ich die Nacht in einem Club verbracht. Dort waren aber leider nur westliche Leute, sodass ich auch nach Deutschland fahren hätte können. Obwohl, dort wäre das Bier nicht so schlecht (und billig). Da noch eine Stunde bis zur Abfahrt für Martin blieb (Martin, Christian und Lukas sind nämlich schon um 8 zurück geflogen) haben wir uns noch eine Massage gegönnt. Für 6€ und 40min kann man nichts falsch machen.
Den Montag habe ich dann mit Dennis und ohne den Herrn Schlaf am People Square verbracht. Nach dem Frühstück eine Stunde Schlaf in der herrlichen Sonne und 18°C. Danach haben wir uns dann zum Flughafen bewegt. Dasselbe Spiel wie auf dem Hinweg. U-Bahn, schnell und dann waren wir auch schon am Flughafen. *Anmerkung: das Wort schnell ist ein Synonym für „Transrapid“ Dort lässt es sich aushalten, da man beim Warten eine einwandfreie Sicht auf die Abfertigung der Flugzeuge hat. Den Heimflug und die anschließende Busfahrt habe ich dann in stiller Manier verschlafen.
So waren wir dann wieder ohne gesundheitlich negativen Folgen im kalten (verdammt, nun sind auch hier nur noch -2°C bis 4°C) Seoul.
Zu einem Aufsatz gehört auch immer noch eine Zusammenfassung, so wurde es mir zumindest beigebracht.
China war ein super Abenteuer und sicher nicht der letzte Kontakt mit dem roten Drachen. Es ist so ein großer Unterschied zu Südkorea und ich bin auch froh in Seoul zu studieren. Man verbraucht in Shanghai soviel Energie ohne überhaupt etwas Außergewöhnliches zu erreichen. Der Smog der die Lunge beansprucht, der chaotische Verkehr, wo jeder macht was er will und man nur am Springen ist, die Bettler, die sehr aggressiv vorgehen und die allgemeine Unorganisation und Faulheit (z.T. Unfreundlichkeit) der Chinesen selbst.
Doch ich war auch überrascht wie viel Kommerz es dort gibt. Viel, sehr viel Werbung (die zu Teilen echt anzüglich ist) und westliche Läden. Ok, man muss sagen, das Shanghai die westlichste Stadt dort ist und ich in Jiaxing kein McDonalds oder ähnliches gesehen habe, aber dennoch hat mich das Chaos was überall herrscht überrascht. Dazu arbeiten die Leute auf dem Lande u.a. mit sehr primitiven Mitteln, dennoch sahen die Häuser vernünftig aus. Ich habe die Chinesen, die etwas Englisch konnten (also nur eine Handvoll und deshalb vielleicht nicht repräsentativ, sondern nur eine Tendenz) auch mit der Politik und dem Internet konfrontiert. Aus ihrer Sicht, waren sie mit der Regierung und ihre Art zu handeln zufrieden und dass einige Seiten im Internet gesperrt sind, hatte sie auch nicht gestört. Nur eine die gerade Deutsch lernt und von ihrem Professor deutsche Seiten empfohlen bekommen hat, war etwas enttäuscht. Hier gibt es also noch viel mehr zu entdecken, um sich ein ordentliches Bild zu machen, aber dann mit jemanden der Chinesisch spricht, sonst kann es schnell frustrierend werden.
Anmerkung(2): Soviel habe ich nicht in einem halben Jahr zusammen in allen Klausuren im Deutschunterricht geschrieben….